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Bundesrat fordert Änderung des Paragrafen 247 der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung sieht die Möglichkeit einer audiovisuellen Vernehmung von Zeugen vor. Allerdings sind die Hürden dem Bundesrat bei Minderjährigen zu hoch.

Im Paragrafen 247a der Strafprozessordnung (kurz StPO) wird die Anordnung einer audiovisuellen Vernehmung der zu hörenden Zeugen von Straftaten durch die Strafkammern der Gerichte ermöglicht. Allerdings gilt danach die Voraussetzung, dass eine „dringende Gefahr eines schwerwiegenden Nachteils für das Wohl des Zeugen“ als vorhandenen gegeben sein muss. Diese Hürde ist dem Bundesrat zu hoch.

Wie will der Bundesrat den Paragrafen 247a der StPO ändern?

Der Bundesrat fordert eine Absenkung der Voraussetzungen bei minderjährigen Zeugen auf das Level dessen, was nach Paragraf 247 eine Entfernung der angeklagten Personen aus dem Gerichtssaal während der Zeugenvernehmung ermöglicht. Das heißt, die „Befürchtung eines erheblichen Nachteils“ würde bei einer Gesetzesänderung bei Minderjährigen als Begründung für eine Live-Video-Konferenz als Mittel der Zeugenvernehmung ausreichen. Mit einer solchen Änderung sieht der Bundesrat auf der einen Seite das Kindeswohl als besser geschützt an. Die Minderjährigen können in einer geschützten Umgebung vernommen werden. Das heißt, ihre Anwesenheit im Gerichtssaal sowie im Gerichtsgebäude ist dafür nicht erforderlich. Dadurch fällt auch die Angst weg, den Täterinnen und Tätern beispielsweise im Umfeld oder in den Gängen der Gebäude zufällig zu begegnen. Zudem würde eine solche Änderung in vielen Fällen Prozesshindernisse beseitigen und die Durchführung der Strafprozesse beschleunigen.

Audiovisuelle Vernehmung Minderjähriger hat auch für Angeklagte Vorteile

Die bisher bevorzugte Praxis der Entfernung der Angeklagten während der Vernehmung aus dem Sitzungssaal hat Nachteile. Die Vorsitzenden der Strafkammern müssen die Angeklagten nach ihrer Rückkehr in den Verhandlungssaal über die Inhalte der Vernehmungen informieren. Das kostet einerseits zusätzliche Zeit und bedeutet nach Auffassung des Bundesrats in einigen Fällen eine Einschränkung ihrer Verteidigungsrechte. Sie können auf diese Art beispielsweise keine Rückschlüsse aus der Mimik und Gestik der Zeugen ziehen. Außerdem kann es passieren, dass für sie wichtige Informationen untergehen, wenn sie von den Kammervorsitzenden als nicht relevant eingestuft und dadurch nicht berichtet werden. Eine Mitverfolgung der Vernehmung per Livestream in andere Räume birgt technische Tücken, weil die Mitglieder der Strafkammern nicht permanent überwachen können, ob die Übertragung auch funktioniert. Die Konsequenz waren in der Vergangenheit zahlreiche Verfahrensrügen, von denen letztlich die Urteile unnötig verzögert wurden.

Wie wahrscheinlich sind Änderungen am Paragrafen 247a der StPO?

Die Bundesregierung steht einer solchen Änderung grundsätzlich offen gegenüber. Das beweist die dazu vorliegende Stellungnahme. Doch eine einzelne Änderung dieses Paragrafen ist nicht geplant oder absehbar. Sie soll in eine umfangreichere Überarbeitung der Strafprozessordnung eingebunden werden. Das heißt, bis zur Etablierung der vom Bundesrat geforderten Änderungen und den Ausweitungen der Möglichkeiten für eine audiovisuelle Zeugenvernehmung von Minderjährigen wird wohl noch einige Zeit vergehen, in der die Nachteile der bisherigen Praxis das Bild in den Gerichtssälen bestimmen.

Quelle: Deutscher Bundestag Drucksache 20/11557

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