In Deutschland sind 41 Prozent aller alleinerziehenden Mütter und Väter armutsgefährdet – obwohl die meisten von ihnen arbeiten gehen.
Das geht aus einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung hervor. Demnach leben in Deutschland 1,7 Millionen Alleinerziehende. Fast 41 Prozent von ihnen waren im abgelaufenen Jahr einkommensarm. Zum Vergleich: Bei den Familien mit zwei Elternteilen waren es nur acht Prozent, wenn es ein Kind in der Familie gab. Bei drei und mehr minderjährigen Kindern waren aber auch Zwei-Eltern-Familien zu 30 Prozent armutsgefährdet.
Kindergrundsicherung kann Probleme nicht lösen
Auch die von der Regierung geplante Kindergrundsicherung werde das Problem nicht lösen, ist sich Anette Stein, Familienexpertin der Stiftung sicher. Es könnte mit der Kindergrundsicherung zwar zu Verbesserungen für einige alleinerziehende Familien kommen, für andere könnten jedoch auch Verschlechterungen eintreffen.
In 82 Prozent der Fälle sind Mütter alleinerziehend, in 18 Prozent kümmert sich der Vater alleine um die Kinder. Laut Studienautoren hat sich an deren seit Jahren bekannten Situation trotz punktueller Entlastungen kaum etwas geändert. Knapp jede fünfte Familie, in der minderjährige Kinder leben, wird nur von einem Elternteil begleitet. Gegenüber 2019 ergab sich ein leichter Anstieg der Alleinerziehenden auf 1,7 Millionen. Allerdings ist dieser unter anderem auf die Flüchtlinge aus der Ukraine zurückzuführen, heißt es in der Studie.
Zudem ergeben sich große regionale Unterschiede. Die Quote der Ein-Eltern-Familien liegt in Bayern mit 16,5 Prozent relativ niedrig, in Berlin dagegen mit 27,5 Prozent deutlich höher. Fast jedes zweite Kind, das von Bürgergeld lebt, lebt in einer Ein-Eltern-Familie. Das Armutsrisiko ist den Untersuchungen zufolge für alleinerziehende Mütter besonders hoch. Allerdings gibt es auch hier große regionale Unterschiede. In Bremen liegt der Anteil alleinerziehender Haushalte mit Bürgergeldbezug bei 55 Prozent, im Freistaat Thüringen dagegen wird mit 27 Prozent der niedrigste Wert erreicht.
Alleinerziehende besonders oft berufstätig
Wie die Studie ebenfalls herausfand, lässt sich die Armutsgefährdung von Alleinerziehenden nicht auf mangelnde Bereitschaft zur Arbeit zurückführen. Den Auswertungen zufolge gehen 71 Prozent der alleinerziehenden Mütter und sogar 87 Prozent der alleinerziehenden Väter einer Arbeit nach.
Grund für die prekäre finanzielle Situation sind oft ausfallende Unterhaltszahlungen für den Nachwuchs. Für viele Alleinerziehende konnten auch Reformen beim Unterhaltsvorschuss und der Kinderzuschlag keine entscheidende Entlastung bringen.
Vielmehr sei es nötig, mehr Kitaplätze zu schaffen, eine verlässliche Ganztagsbetreuung in der Schule und flexiblere Arbeitszeitmodelle. Zudem müsse es mehr Anreize für Väter geben, Verantwortung für ihren Nachwuchs zu übernehmen.
Die Kindergrundsicherung, um die die Ampelregierung seit langem ringt, ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, reicht alleine aber nicht aus, so die Studienautoren. Vielmehr müssten die Regelbedarfe neu und vor allem realistisch bestimmt werden. Dafür sei es nötig, auch Kinder und Jugendliche mit einzubeziehen. Die Erfahrung zeigt, dass viele Heranwachsende mit Armutserfahrungen einen sehr reflektierten Blick auf das Thema haben.
BrittaL ist „Baujahr“ 1983. Sie verfügt über eine kaufmännische Ausbildung und zählt sich zu den echten Tierfreunden. Ihre Interessen sind breit gefächert.
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