Signal aus Paris, Debatte in Brüssel
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron drängt nach den jüngsten US-Drohungen mit neuen Importzöllen auf eine härtere und koordinierte europäische Antwort gegenüber marktmächtigen US-Technologieunternehmen. Im Elysée-Umfeld heißt es, die EU müsse ihre Regeln konsequent durchsetzen und notfalls zusätzliche Instrumente nutzen, um ihre wirtschaftliche und regulatorische Autonomie zu sichern — Stichwort Digitale Souveränität.
Erprobte Hebel: DMA, DSA und Wettbewerb
Die EU verfügt bereits über scharfe Werkzeuge. Mit dem Digital Markets Act (DMA) und dem Digital Services Act (DSA) sanktioniert Brüssel Wettbewerbsverstöße und systemische Risiken großer Plattformen. Die EU-Kommission hat 2024 förmliche Verfahren gegen Alphabet, Apple und Meta wegen mutmaßlicher DMA-Verstöße eingeleitet und Zwangsgelder in Aussicht gestellt. Parallel laufen klassische Kartellverfahren sowie Missbrauchs- und Datenschutzprüfungen in mehreren Mitgliedstaaten.
Handelspolitische Rückendeckung
Über Regulierung hinaus könnte die EU handelspolitisch reagieren. Das 2023 beschlossene Anti-Coercion Instrument (ACI) erlaubt Gegenmaßnahmen bei wirtschaftlichem Druck von Drittstaaten, die bis hin zu Zöllen, Vergabesperren oder Dienstleistungsbeschränkungen reichen. Paris sieht darin einen Schutzschirm, sollte Washington mit Strafzöllen auf EU-Exporte drohen, wenn Europa Tech-Regeln oder Digitalabgaben verschärft. Das ACI ist als letztes Mittel konzipiert und soll vor allem abschrecken; sein Einsatz wäre politisch heikel, aber möglich. Der Verweis auf das ACI gilt in Paris als notwendiger Teil eines glaubwürdigen Gegenstrategien-Mixes.
Alte Konfliktlinie, neue Lage
Der Konflikt ist nicht neu: Frankreich hatte 2019 eine nationale Digitalsteuer auf Umsätze großer Plattformen eingeführt, worauf die USA mit Strafzollandrohungen reagierten. Eine globale Lösung der OECD (Pillar One) stockt jedoch, weshalb in der EU erneut über eine europäische Digitalabgabe diskutiert wird. Macron will die Debatte beschleunigen, um Wettbewerbsverzerrungen zu adressieren und Einnahmen dort zu besteuern, wo Wertschöpfung entsteht.
Spannungsfelder und Risiken
In Berlin und anderen Hauptstädten wird zur Vorsicht gemahnt: Eine Eskalation birgt Risiken für exportstarke Branchen, sollte Washington Vergeltungszölle ausweiten. Zugleich wächst in der EU die Erwartung an konsequente DMA-/DSA-Durchsetzung, um Marktzugänge zu öffnen und Abhängigkeiten zu reduzieren. US-Konzerne warnen vor Überregulierung und verweisen auf Investitionen sowie Innovationseffekte. Brüssel dürfte daher einer Doppelstrategie folgen: strikte Umsetzung bestehender Regeln, flankiert von deeskalierenden Gesprächsangeboten — und mit dem ACI als glaubwürdigem, aber zurückhaltend eingesetztem Druckmittel.
Quellen: Europäische Kommission: Digital Markets Act: Commission opens non-compliance investigations into Alphabet, Apple and Meta
Europäische Kommission: Anti-Coercion Instrument enters into force
OECD: Statement on a Two-Pillar Solution to Address the Tax Challenges Arising from the Digitalisation of the Economy
Reuters: Trump floats 10% across-the-board tariff if elected

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