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Gab es Manipulationen bei Arzneimittelstudien?

Möglicherweise wurden Medikamententests manipuliert. Davon geht auch das Bundesinstitut für Arzneimittel (BfArM) in Bonn aus. Am Freitag suspendierte das Institut deshalb die Zulassung für eine ganze Reihe von Nachahmermedikamenten, den so genannten Generika. Betroffen sind Generika, deren Zulassung auf den Studien der indischen Firma GVK Biosciences basierten. Allerdings betonte das BfArM, dass es bisher keine Hinweise darauf gibt, dass die Gesundheit der Patienten gefährdet sei. Apotheken dürfen daher noch vorhandene Lagerbestände abverkaufen. Lediglich das neuerliche Einbringen der Medikamente in den Markt ist den betroffenen Unternehmen fürs Erste untersagt worden.

Wie funktioniert die Zulassung von Arzneimitteln?

Damit Arzneimittel zugelassen werden können, müssen sie zuvor diverse Untersuchungen und Studien durchlaufen. Wirkungen und Nebenwirkungen der neu entwickelten Medikamente werden an streng überwachten Patientengruppen getestet. Das gilt in erster Linie für Arzneimittelhersteller, die selbst neue Medikamente entwickeln.

Aber auch die Hersteller von Generika müssen ihre Medikamente untersuchen lassen. Die Kopien müssen nachweisen, dass sie die Ansprüche erfüllen, die auch an die originalen Produkte gestellt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von Bioäquivalenzstudien.

Diese dürfen auch von externen Dienstleistern durchgeführt werden, die im Fachjargon als Contract Research Organisations (CRO) bezeichnet werden. Die Auflagen, die die Behörden an die CRO stellen, sind dieselben, die auch Pharmaunternehmen erfüllen müssen. Unangekündigte Besuche von Kontrolleuren und Stichproben sind erlaubt.

Manipulation bei Medikamententests in Indien befürchtet

Bereits im Frühjahr diesen Jahres hatte die französische Arzneiaufsicht eine solche Stichprobe bei der Firma GVK im indischen Hyderabad durchgeführt. Aufgrund dieser Stichproben erhärtete sich der Verdacht, dass alle neun kontrollierten Studien manipuliert worden seien. Die europäische Medikamentenbehörde EMA untersuchte den Fall nochmals. Das Londoner Institut geht nun von systematischen Manipulationen in der Zeit von 2008 bis 2013 aus.

Das BfArM hat daraufhin die Zulassung für die betroffenen Medikamente suspendiert, so dass diese nicht mehr in den Handel gebracht werden dürfen. Aktuell wird ein Anhörungsverfahren durchgeführt, bei dem die Zulassungen für insgesamt 176 Medikamente von 28 pharmazeutischen Unternehmen überprüft werden sollen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass ein Medikament auch mehrere Zulassungen, je nach Darreichungsform haben kann. Bisher will das BfArM noch keine Namen nennen. Die Apotheken dürfen die Medikamente weiter verkaufen, um dies zu unterbinden, müssten die Bundesländer entsprechende Regelungen erlassen. Allerdings sei das eher unwahrscheinlich. Bereits in den kommenden Tagen sollen die Prüfungen des BfArM abgeschlossen sein, so dass man dann eine Liste mit den betroffenen Produkten herausgeben wolle.

Keine Gesundheitsgefahr durch Medikamente

Das BfArM betont in diesem Zusammenhang nochmals, dass bisher keinerlei Hinweise auf Gesundheitsgefahren für Patienten vorliegen. Daher sei eine öffentliche Liste mit den Namen der Medikamente unverhältnismäßig. Zudem sammelt das BfArM auch außerhalb der Studien zahlreiche Fakten zu einzelnen Medikamenten. Indizien, die auf bestimmte Risiken schließen lassen, können so frühzeitig ermittelt werden.

Alleine Ärzte, Patienten und Pharmaunternehmen melden dem Institut jährlich 50.000 Fälle unerwünschter Nebenwirkungen von Medikamenten. Da es in den aktuell umstrittenen Fällen um Generika geht, könne auch die Behörde gut einschätzen, inwieweit eine Gesundheitsgefährdung besteht. Denn man kann die Meldungen mit denen von Originalpräparaten und ähnlichen Generika vergleichen.

Unter den betroffenen Medikamenten sollen unter anderem Produkte von Betapharm und Hexal sein. Stada erklärte ausdrücklich, man selbst sei nicht betroffen. Ratiopharm wollte bisher noch keine Stellungnahme abgeben.

Kritik an Medikamentenstudien im Ausland

Mit den aktuellen Entwicklungen auf dem Medikamentenmarkt sehen sich Kritiker bestätigt. Schon seit Jahren setzen sie sich dagegen zur Wehr, die Studien an externe Dienstleister, bevorzugt in Billiglohnländern, abzugeben. Bereits im letzten Jahr stellte auch die EMA fest, dass immer mehr Zulassungsstudien außerhalb Europas und Amerikas durchgeführt wurden. Vor allem die fehlenden Mitarbeiter, um die CRO vor Ort überprüfen zu können, fehlen. Zudem ist die Aussagekraft der erhobenen Daten mitunter fraglich.

Das soll sich jedoch künftig ändern. Mit einer neuen Vorgabe der EU aus dem April soll mehr Transparenz geschaffen werden. Pharmakonzerne sollen nach dieser Vorgabe in Zukunft alle Daten veröffentlichen müssen, die sie für die Zulassung der neuen Medikamente an Probanden gesammelt haben.

Quelle: FAZ

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